Interview mit Katharina Schreiber, Frontend Developerin
Wie können wir die Tech-Branche inklusiver gestalten? In diesem Diskurs haben wir mit Katharina Schreiber, Frontend Developerin bei Lampenwelt, gesprochen.
Katharina war (wie auch unsere letzte Interviewpartnerin Hannah Ebert) Referentin bei yasoons Vortragsreihe Dev & Donuts. Ihr Vortrag „Figma jenseits des Designs“ hat uns inhaltlich inspiriert. Im Nachgespräch wurde deutlich, dass auch ihr Lebenslauf inspirierend ist.
Ihre ersten Berührung mit dem Coden hatte Katharina auf der Female’s Favour{IT}e Konferenz von Hackerstolz e.V. und Startup Mannheim. Die Veranstaltung, die sich um Frauen in der Technik drehte, weckte ihr Interesse an Technologien, Unternehmertum und am Programmieren. Im Kontakt mit anderen Frauen, die ähnliche Biografien hatten wie sie selbst, bekam Katharina eine neue Perspektive auf ihre eigenen Fähigkeiten. So fand sie als Quereinsteigerin aus der Marketingbranche über ein intensives Bootcamp in Mexiko ihren Weg in die Tech-Welt.
Inzwischen ist sie Frontend Developerin und übernimmt zusätzlich auch Fullstack-Aufgaben (u.a. bezüglich Backend, Datenbanken und Cloud-Technologien). Katharina ist seit drei Jahren in der IT und hat zwischen Pausen für Mutterschutz und Elternzeit viele Facetten der Branche erlebt, von denen sie uns nun berichtet.
Welche Werte und Policies in deinem Arbeitsverhältnis unterstützen das Gefühl der Inklusion und Gleichberechtigung?
In den Unternehmen, in denen ich als Entwicklerin tätig war, habe ich durchaus positive Erfahrungen bezüglich Inklusion und Gleichberechtigung am Arbeitsplatz gemacht. Am besten haben die Teams funktioniert, in denen Diversität im Alltag einfach gelebt und nicht theoretisiert wurde.
In manchen Teams war der Gender Gap höher, in manchen war es aber auch ausgewogen. Um hier mehr Parität herzustellen, gehört dazu, dass mehr Frauen in technische Berufe kommen, sich entsprechend ausbilden und mit Unternehmen in Kontakt kommen. Mich spricht es beispielsweise an, wenn Stellenanzeigen sich an diversere Zielgruppen richten oder auch Quereinsteiger*innen adressiert sind.
Als Mutter ist es für mich auch wichtig, ein flexibles Arbeitszeitmodell zu haben, um meinen Beruf und Mutterschaft in Balance leben zu können. Leider ist das Bewusstsein für Diversität, Familienfreundlichkeit und die Stärken von diversen Teams nicht in allen Unternehmen vorhanden. Aber ich sehe hier eine Bewegung, die hoffen lässt.
Glaubst du, dass von dir mehr erwartet wird als von deinen männlichen Kollegen?
Auf jeden Fall, zwar nicht von allen, aber bei einzelnen Führungskräften war ich mit unrealistischen Erwartungen konfrontiert. Ich sollte schlicht mehr Arbeit in kürzerer Zeit leisten, als männliche Kollegen. Wenn ich das merke, dann versuche ich wieder einen fairen Umgang miteinander herzustellen. Ich spreche es dann offen an. In agilen Teams kann man beispielsweise den agilen Coach um Rat bitten und die Situation somit am besten für alle Parteien auflösen. Es geht somit nicht um meine Rolle oder meine Möglichkeiten, sondern darum, dass alle im Team fair und gleich behandelt werden und in manchen Punkten ist da auf jeden Fall noch Luft nach oben.
Auch geschlechtergerechte Sprache ist mir wichtig, damit ich mich im Team angesprochen und gesehen fühle. In meinem Team wurde meine konstruktive Kritik diesbezüglich bisher gut angenommen. Mein Ziel ist es weniger, mich behaupten zu müssen, sondern vielmehr Bewusstsein zu schaffen und Veränderungen anzuregen.
Hast du schonmal unter dem Imposter-Syndrom gelitten?
Nein, ich glaube nicht, dass ich vom Imposter-Syndrom betroffen bin. Ich finde, dass ich meine Rolle im Team gut einschätze. Bei Themen mit hoher Komplexität benötige ich vielleicht mehr Zeit als erfahrene Programmierer*innen, aber ich akzeptiere das und arbeite daran, diese Fragestellungen effizienter und eigenständiger anzugehen. Gleichzeitig bin ich mir meiner Stärken bewusst. Insbesondere im Bereich UX und Frontend fühle ich mich sehr kompetent.
Hast du Ideen, wie Gleichberechtigung in Unternehmen besser umgesetzt werden könnten?
Wie schon erwähnt, zeigt der Umgang mit Stellenanzeigen und Bewerbungen geschlechtsspezifische Unterschiede. Frauen bewerben sich oft nur, wenn sie alle Anforderungen erfüllen, während Männer sich schon mit weniger relevanten Fähigkeiten bewerben. Einige Unternehmen passen ihre Stellengesuche an, um verschiedene Zielgruppen anzusprechen, und betonen die Bedeutung von Diversität für bessere Teamleistungen.
Beim Thema Gehalt, Gleichstellung und Offenheit gibt es Maßnahmen wie beispielsweise transparente Gehälter. Es gilt zudem eine Umgebung zu schaffen, in der Frauen von Frauen angezogen werden. Durch die Anwesenheit von Programmiererinnen wird die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sich auch weitere Frauen diesem Team anschließen. Die Umsetzung dieser Maßnahmen fördert langfristig eine vielfältige und inklusive Arbeitskultur. Bei der Otto Group habe ich schon einige positive Beispiele gesehen, wie Vielfalt und Chancengleichheit gelebt werden kann.
Liebe Katharina, vielen Dank, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen und deine Eindrücke als Frau in der IT-Branche geteilt hast. Wir wollen den Diskurs weiter führen und lernen, wie wir die Verantwortung für ein inklusives Arbeitsverhältnis übernehmen können.